Sportvg Feuerbach Info 03/2022

18 Wer Judo betreibt, hat den „sanftenWeg“ einer Kampfsportkunst gewählt. Die Sportart ist eng verwoben mit der Philosophie, die sie verkörpert: „Siegen durch Nachgeben“. Denn wer auf der Judomatte Erfolg haben möchte, muss die Energie des Gegenübers für seine eigenen Zwecke nutzen. Während viele japanische Kampfsportarten wie Kendo oder Kyudo aus den traditionellen Künsten der Samurai entstanden, haben sich Judo und auch Ju-Jutsu aus der japanischen Selbstverteidigung Jiu Jitsu heraus entwickelt. Den meisten fernöstlichen Kampfsportarten gemeinsam ist das “Do“, der Weg. Nicht der Erfolg ist entscheidend, sondern der Weg zum Erfolg. Der Japaner Jigoro Kano wollte Ende des 19. Jahrhun- derts zum einen jene Lebenseinstellung vermitteln, zum anderen jedem einen alltäglichen Zugang zum Sport ermöglichen; egal, wie groß oder wie klein, wie dick oder wie dünn, wie schwer oder leicht die Person ist. Fragt man Klaus Breuninger, den Abteilungsleiter der Feuerbacher Sportvg-Judoka, nach der Faszination an der – imVer- glich zu anderen asiatischen – jungen Kampfsportart, so fällt ihm die Antwort leicht: „Es ist eine unglaublich vielseitige Sportart. Es gibt ca. 80 verschiedeneWurftechniken, davon wieder unzählige Variationen, dazu Konterwürfe und Kombinationen. So kann jeder seine Spezialtechnik entwickeln und schauen, was am besten zu ihm passt“. Genau diese Vorstellung wird der Judo-Erfinder Kano gehabt haben, „denn wer 190 cm groß und schlank ist, wird andere Techniken wählen als jemand, der klein und untersetzt ist,“ so der 60-jährige Dirigent und Musiker Breuninger weiter. Nicht zu vergessen seien die mindestens genauso vielen Techniken im sogenannten Bodenkampf. Judo ist zwar eine Einzelsportart, aber eine Mannschaft be- steht im Idealfall aus allen Gewichtsklassen. Leicht- und Schwergewichte sind daher oft dringend gesucht. Normalgewichtige müssen dagegen um ihren Platz in einer JudoMannschaft kämpfen. „Und ganz schnell wird der kleinere, dicke Judoka zum großen Held, wenn er den entscheidenden Kampf in der obersten Gewichtsklasse gewinnt,“ so Breuninger, der selbst 30 Jahre aktiv auf der Judomatte stand. Im Idealfall sollte der Gewichtsunterschied zweier Wettkämpfer gar keine Rolle spielen. Denn die Grundidee aller Judowürfe ist es, den Gegner in eine geschwächte Position zu bringen und ihn dannmit vergleichsweise wenig Kraftaufwand zu werfen. Klaus Breuninger erklärt die zu Beginn be- reits erwähnte Grundidee des Judos und der Philosophie mit einfachenWorten: „Zieht ein Gegner, so versucht man nicht, dagegen zu ziehen, sondern gibt der Bewegung nach, stößt den Gegner sogar noch, stellt ihmdabei einen Fuß und bringt ihn so zu Fall. Beim klassischen Fußfeger fegt man den un- belasteten Fuß mit wenig Kraftaufwand in demMoment weg, in dem der andere ihn gerade belasten will, dadurch gerät dieser aus dem Gleichgewicht und fällt.“ Auch wenn dieWettkämpfer auf der Judomatte Gegner sind, spielt Respekt eine wesentliche Rolle: Jeder Kampf beginnt mit einer Verbeugung beim Betreten der Matte, vor dem (Wand-)Bild Jigoro Kanos, vor den Kampfrichtern und Trainern und vor seinem Gegner, die er am Ende nochmal wiederholt. Herabwürdigende Gesten oder gar Äußerungen können zur Disqualifikation führen. DieWettkämpfer dürfen auf der Matte auch erst nach Aufforderung durch den Kampfrichter sprechen. JUDO – MEHR ALS NUR SIEGEN DURCH NACHGEBEN SPORTVG FEUERBACH AKTIVE INFO-MAGAZIN 3-2022 Hannes Marlok wirft den Gegenüber auf die Matte 2018 sind Geflüchtete zusammen mit „Stamm-Wettkämpfern“ der Sportvg in der Landesliga angetreten

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