Sportvg Feuerbach Info 04/2019

23 Fitness- und Gesundheitszentrum Warum wir uns „gut“ bewegen sollen Von Gideon Kull Wer kennt das nicht? Wenn wir eine längere Zeit keinen Sport mehr gemacht haben, fühlen wir uns bei den ersten Dehnungen steif und unbeweglich. Ein paar Wiederho­ lungen später funktioniert es meistens wieder. Manches braucht länger, anderes klappt schnell. Dieses Prinzip können wir auf nahezu alle Bereiche in unserem Körper anwenden: Die Muskulatur wächst, wenn ich trainiere, sie schrumpft, wenn ich nicht mehr trainiere. Das Bindegewebe (Faszien, Kapseln etc.) und die Beweglichkeit werden besser, umso regelmäßiger ich mich dehne. Habe ich viel investiert, werde ich lange da­ von zehren. Doch habe ich etwas nur kurz beansprucht, wird es relativ schnell wieder weg sein. Sind wir imstande, eine Bewegung im vollen Umfang auszuführen, wird der Muskel komplett trainiert. Das Kapsel-Bandsystem bekommt an den dafür vorgesehenen Stellen Zug ab und die Fasern können sich dement­ sprechend ausrichten. Die Knochen werden durch den spezifischen Zug und Druck stär­ ker, unser Knorpel wird optimal durchsaftet und wird an den Stellen dicker und strapa­ zierfähiger, wo er es braucht. Die Bewegung prägt sich allmählich in unser Unterbewusst­ sein ein und ist immer abrufbar. Eine ähnliche Anpassung haben wir aller­ dings auch, wenn wir uns nicht optimal be­ wegen. Auch diese Bewegungen werden als Bewegungsmuster abgespeichert. Bewegen wir uns also häufig unsauber bzw. nicht ausreichend, können Strukturen darunter leiden. Über Jahre hinweg kann es hier zu Verletzungen kommen. Warum passiert das aber in einem so intelligenten Systemwie unserem Körper? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir einen Blick auf unsere Entwicklungsgeschichte werfen. Jedes Lebewesen hat den Drang, sein Über­ leben zu sichern. Bis vor ca. 12.000 Jahren waren die Menschen als Jäger und Sammler unterwegs. Damals konnte es sehr schnell passieren, dass aus dem Jäger ein Gejagter wurde, der sein Überleben sichern wollte. War sein Körper allerdings schon verletzt oder müde, musste er trotz allem weiter Fitnesstipp flüchten, umam Leben zu bleiben. Es ging also nicht darum, sich korrekt zu bewegen sondern vor allem schnell und lang andau­ ernd. Dieses Prinzip, dass der Körper Bewegungs­ qualität für Bewegungsquantität opfert, hat sich bis heute gehalten. Das sehen wir leider viel zu häufig im Fitnessstudio: Um die letzten Wiederholungen z. B. bei der Liegestütze hinzubekommen, fallen die Schultern nach vorne, der Rumpf wird in Schlangenbewegungen nach oben gebracht oder der Kopf fällt nach unten, um das Gefühl zu haben, doch noch den Boden zu erreichen. Auf den ersten Blick mag das nicht schlimm sein, da keine Schmerzen unmittelbar danach auftreten. Man ist viel­ leicht sogar stolz, einen neuen persönlichen Rekord gebrochen zu haben. Doch dieses falsche Bewegungsmuster prägt sich immer mehr in das Gedächtnis ein und wird all­ mählich zum Standard. Im Laufe der Jahre können sich bei solch falscher Übungsaus­ führung aber Schädigungen und Entzün­ dungen im Schultergürtel entwickeln, die Nackenmuskulatur verspannt sich etc. Begünstigt wird dieses negative Muster dann noch durch eine sitzende Tätigkeit. Da es sich um einen schleichenden Prozess handelt, merken es die Betroffenen oft erst, wenn sie immer wieder Schmerzen haben. Dass ein falsch eingeprägtes Bewegungs­ muster die Ursache für die Schmerzen sein kann, ist den wenigsten bewusst. Die Liegestütze und ihre Ausweichbewegun­ gen ist nur ein Beispiel von vielen, die in allen möglichen Bewegungen auftreten können. Dramatisch wird es vor allem dann, wenn wir auf dieses falsche Bewegungs­ muster noch Last laden: also zum Beispiel beim Bankdrücken. Durch die Beladung wird das falsche Muster noch weiter ver­ stärkt, ebenso die negativen Auswirkungen auf den Bewegungsapparat (Knochen, Bänder, Sehnen und Muskeln). Fünf Tipps, um sich gut zu bewegen: • Lasse deine Bewegungsmuster analysie­ ren und finde heraus, ob und wo Kompen­ sationsbewegungen herkommen. Korrigiere diese. • Lerne dich (wieder) gut zu bewegen. Wir kommen mit einer perfekten Beweglich­ keit auf die Welt und lernen als Klein­ kinder automatisch, uns gut zu bewegen. • Achte immer auf eine saubere Bewegungs­ ausführung. • Stelle die Bewegungsqualität IMMER über die Bewegungsquantität – lieber mit weniger Gewicht oder weniger Wiederholungen arbeiten, aber dafür sauber und gut ausgeführt! • Trainiere dir gute Bewegungsmuster an (falls du diese verlernt haben solltest), um beim Sport so wenig wie möglich zu kompensieren. Mit dem Functional Movement Screen FMS (ausführlicher Bericht dazu in der Info 3/2019) und weiteren Tests haben wir im Vitadrom das Handwerkszeug, um uns einen Über­ blick über deine Bewegungsqualität zu ver­ schaffen und helfen dir gerne dabei, diese korrigieren. Unser Fitness-Team steht euch gerne hierfür zu Seite. In diesem Sinne: „Move well move often“. Euer Gideon Die Endposition nach Beugung der Ellenbogen Die korrekte Ausgangsposition für die Liegestütz

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